Stadt ohne Tourist-Information
Die Stadt Neu-Isenburg verfügt über keine Tourist-Information oder eine vergleichbare Anlaufstelle. Die unmittelbar im Süden an Frankfurt am Main angrenzende Stadt wendet sich weder mit Info-Materialien noch mit ihrem Internetauftritt an Touristen. Nicht einmal eine Postkarte zu Neu-Isenburg gibt es. Neu-Isenburg möchte für sich bleiben und kein Aufsehen erregen.
Hindernislauf, um an Informationen zu gelangen
Wer in Neu-Isenburg angekommen ist und gerne einen kleinen Stadtplan ausgehändigt bekommen will, um sich vor Ort orientieren zu können, hat ein Problem. Zwar gibt es einen kleinen Faltplan, der von der Stadt herausgegeben und kostenlos abgegeben wird. Aber wo erhält man ihn? Das Exemplar, aus dem weiter unten auszugsweise Fotos zu sehen sind, z. B. stammt aus einer Info-Auslage im Rathaus. Aber: Das Rathaus liegt abgelegen, Hinweisschilder fehlen. An den Wochenenden ist es geschlossen.
Wer über das Internet herausfinden will, ob es in Neu-Isenburg etwas Sehenswertes gibt, muss Tricks anwenden. Denn die Stadt Neu-Isenburg wendet sich mit ihrem offiziellen Internetauftritt www.neu-isenburg.de lediglich an Menschen, die in der Stadt leben. Um zu erfahren, was stadtintern für sehenswürdig gehalten wird, müssen Interessierte die Hauptrubrik „Wohnen und Leben“ anklicken, sodann die Unterrubrik „Stadt und Geschichte“, um dann in einem weiteren Schritt zu dem Unterpunkt „Sehenswürdigkeiten“ zu gelangen. Zu sehen ist hier jedoch nichts. Hier sind vier Links ohne jeden weiteren Hinweis aufgelistet.
Im Landkreis mit genau einer Sehenswürdigkeit vertreten
Neu-Isenburg liegt im Landkreis Offenbach. Auf der Internetseite des Kreises www.kreis-offenbach.de gibt es unter „Freizeit“ den Unterpunkt „Naherholung und Sehenswürdigkeiten“. Von den 27 hier aufgeführten Sehenswürdigkeiten im Kreis ist Neu-Isenburg mit einer Attraktion vertreten. Die Beschreibung lautet: „Die Bansamühle im Osten der Stadt ist ein Schmuckstück der ersten Stunde: Vom gräflichen Hofbaumeister Andreas Löber wurde sie 1705 im Barockenstil angelegt. Heute wird ein Teil des Gebäudes als Standesamt genutzt. Im Garten ist das Kunstwerk „Adam und Eva“ aus der Reihe „Kunst vor Ort“ zu besichtigen.“
Flakstellung, Deutsches Schulhaus, Germania-Denkmal, Stellwerk
Unter den von der Stadt Neu-Isenburg genannten Links zu den vier Sehenswürdigkeiten befinden sich unter der Überschrift „Kulturdenkmäler“ zwei weitere Links. Einer davon lautet: „Virtueller Rundgang zu den Kulturdenkmälern in Neu-Isenburg“. Mit dem Anklicken öffnet sich ein Panorama-Blick auf Neu-Isenburg, der bewegt werden kann. In Briefmarkengröße schweben sodann Bilder den Himmel entlang, Buttons, die man anklicken kann. Wenn man ein solches Button anklickt, öffnen sich Videos mit Kameraschwenk. Die Stationen lauten: Kirche St. Josef, Hauptzollhaus, Deutsches Schulhaus, Kirche am Marktplatz, Alter Ortskern, St. Christoph, Flakstellung, Ehrenmal, Germania-Denkmal, Gem. Buchenbusch, Stellwerk, Ev. Gemeindezentrum, Postamt und Villa.
In vier Varianten sind Glocken zu hören und zu sehen
In dem genannten Panoramablick sind fünf Stellen im Stadtgebiet mit einem roten Punkt markiert. Bei vieren von ihnen ist nach dem Anklicken Glockengeläut zu hören. Darüber hinaus sind die Glocken der Kirchen zu sehen, deren Geläut zu hören ist. Die fünfte Stelle verweist auf das Heimatmuseum. Die einzigen Personen, in dem „Virtueller Rundgang zu den Kulturdenkmälern in Neu-Isenburg“ auftreten, sind Geistliche. Darüber hinaus sind bei diesem „Rundgang“ durch Neu-Isenburg keine Menschen zu sehen.
In Neu-Isenburg gut ausgestattet: Die Trauerhalle
Der andere Link lautet: „Rundgang Alter Friedhof“. Der Besuch dieser Örtlichkeit wird von der Stadt Neu-Isenburg geradezu überschwänglich empfohlen:
„Der traditionsreiche Alte Friedhof liegt zentral, „mitten im Leben“, in Neu-Isenburg. Im Eingangsbereich von der Friedhofstraße aus betritt man das annähernd symmetrisch angelegte Gelände durch eine Platanenallee, die direkt auf die Trauerhalle zu führt. Im hinteren Teil befindet sich das Ehrenmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege und es gibt verschiedene historische Grabstätten sowie besondere, erhaltenswerte Grabsteine zu entdecken. Ein weiterer Anziehungspunkt ist das modern gestaltete Landschaftsgrabfeld mit parkähnlichem Charakter.“
„Die Trauerhalle verfügt über ca. 100 Sitzplätze, eine Orgel, CD-Player, Urnenständer, Weihwasserständer und Kondolenzständer sowie zwei Außenlautsprecher. Ein Rollstuhl kann bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden. Der Friedhof ist ganztägig geöffnet und bietet ausreichend Parkplätze und Sanitäranlagen. Zwei Pfandstationen mit Schubkarren zum Ausleihen unterstützen die Angehörigen bei der Grabpflege.“
Am Plattenbau ein Örtchen, das zum Verweilen einlädt
Den in der Stadt lebenden Menschen werden auf dem offiziellen Internetauftrittt der Stadt Neu-Isenburg in der Hauptkategorie „Kultur und Freizeit“ im Unterpunkt drei „Veranstaltungsorte“ genannt. Einer davon ist das „Stadtteilzentrum West“. Diesen Punkt aufgerufen, arbeitet die Stadt die denkwürdige Historie heraus:
„Als eines der ersten Projekte im Rahmen des Städtebauförderprogramms Soziale Stadt wurde das ehemalige Gemeindezentrum im Jahr 2007 in das heutige Stadtteilzentrum West umgewidmet und im November 2007 feierlich eröffnet. Basierend auf den Ideen aus der Bürgerbeteiligung wurden die Außenanlagen für die Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils einladend und offen gestaltet. Die Eingangsbereiche sowie eine Terrasse wurden neu angelegt und gepflastert sowie die Beleuchtung verbessert.“
Einige Zeilen weiter weist die Stadt darauf hin, dass sich der Reiz des Stadtteilzentrums insbesondere dann erschließt, wenn man es nicht betritt: „Das Außengelände lädt zum Verweilen ein, während Eichhörnchen unter Vogelgezwitscher die schattenspendenden Bäume erklimmen. Der Wohlfühl-Garten ist eine grüne Oase, die zu einer kürzen oder längeren Atempause inmitten der Alltagshektik einlädt. Sehr gern darf mitgegärtnert werden. Passend dazu hält der offene Bücherschrank rund um die Uhr für jede Leseratte und jeden Bücherwurm Lektüre bereit – gern zum Schmökern im Wohlfühl-Garten, aber auch zum Mitnehmen für Zuhause oder als Geschenk.“ Mit „offener Bücherschrank“ ist eine ausrangierte Telefonzelle gemeint.
Offene Nachbarschaftsrunde alle zwei Monate
Für diejenigen Interessierten, denen ein Verweilen nicht ausreicht, teilt die Stadt mit: „Sprechzeiten: Montag – Donnerstag von 10 bis 14 Uhr und nach Vereinbarung. Bitte beachten Sie, dass wir auch Außentermine wahrnehmen und es vorkommen kann, dass nicht die gesamte Sprechzeit abgedeckt werden kann. Besichtigungen und Sprechzeiten nach Vereinbarung“. Auf das Jahr gerechnet finden „offene Nachbarschaftsrunden“ alle zwei Monate á eineinhalb Stunden statt. Weiteres kann Mitteilungen im Schaufenster entnommen werden. Mit „Besichtigung“ ist wahrscheinlich das Inspizieren des Zuhauses der Besucherin oder des Besuchers gemeint.
Auf der betreffenden Unterseite des Internetauftritts der Stadt ist dem Text ein Foto vorangestellt. Zu sehen ist eine verlassen wirkende Gegend am Rande eines Wohnblocks in Plattenbauweise. Darin befindet sich ein unscheinbarer geziegelter Flachdachbau vor einer ebenso hohen Mauer. Seitlich ist ein in die Höhe ragenden Turm aus aufeinander geschichteten Betonteilen zu sehen, dessen Funktion nicht zu erkennen ist und der derart wackelig wirkt, als würde er sogleich umstürzen. Eine gepflasterter Weg, Bäume und Astwerk deuten auf eine Lage im Wald bzw. am Waldrand hin. Davor steht ein großer leerer Blumentopf.