Hugenottenhalle und Rosenauplatz stehen nicht unter Denkmalschutz


Mit Datum vom 15. Mai 2024 hat der Initiator der INITIATIVE Stadtmitte, Bertram Abel, beim Landesamt für Denkmalpflege Hessen die Anregung eingereicht, die Hugenottenhalle mit den damit verbundenen Gebäuden und Plätzen einer fachkundigen Bewertung zu unterziehen und hierzu eine Auskunft zu erteilen. Der Präsident der Behörde, Prof. Dr. Markus Harzenetter, antwortete Bertram Abel am 24. Juni 2024 mit einem Schreiben, welches nachfolgend abgedruckt ist.


Das Schreiben des Präsidenten des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, Prof. Dr. Harzenetter


„Sehr geehrter Herr Abel,

wie angekündigt haben wir uns hausintern noch einmal zu Ihrer Nachricht und der Anregung einer Denkmalwertprüfung der Hugenottenhalle ausgetauscht und bedauern, falls wir missverstanden wurden.

Es ist keineswegs so, dass hier ein laufendes Prüfverfahren gestoppt wurde. Vielmehr ist die Auskunft von Frau Dr. Jakobi das Ergebnis einer üblichen Erstabstimmung: Es ist unser gesetzlicher Auftrag, Kulturdenkmäler systematisch zu inventarisieren. Das heißt, der Baubestand einer Stadt oder auch einer Zeitschicht wird im Gesamten betrachtet und auf seinen Denkmalwert untersucht. Erst nach Recherche der Grundlagen werden im Vergleich die Objekte ausgewählt, die die in § 2 Abs. 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz (HDSchG) genannten Kriterien eines Kulturdenkmals erfüllen. Dieser Auswahlprozess ist gerade für die Architektur der Nachkriegsjahrzehnte wichtig, für die in vielen Bereichen der Überblick und geschärfte Bewertungskriterien noch fehlen.

Bis zu einer systematischen Überprüfung der Denkmalausweisung des Landkreises Offenbach bzw. der Nachkriegsarchitektur dieses Bereichs können wir bei Anfragen zu Einzelobjekten nur eine Ersteinschätzung vornehmen: Ist das Gebäude schon auf den ersten Blick denkmalverdächtig, sticht es beispielsweise aus künstlerischen Gründen aus der Masse zeitgleich entstandener Vergleichsbauten deutlich heraus? Diese Ersteinschätzung ist unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Inventarisation, deren tägliche Arbeit das Bewerten historischer Gebäude verschiedener Zeitschichten und Regionen in Hessen ist, durchaus zuzutrauen.

Im Fall der 1976/77 vom Architekten Alex Weber errichteten Hugenottenhalle lautete die Ersteinschätzung, dass es sich durchaus um ein zeittypisches und daher erhaltenswertes Gebäude handelt. Der Idee eines multifunktionalen Bürgerhauses entsprechend, wurden in dem Baukörper verschiedene Nutzungen wie Veranstaltungshalle, Gemeindezentrum und Stadtbibliothek vereint. Der Bau ist geprägt von terrassenartig überlagerten Ebenen aus Beton-Fertigteilen in Kombination mit umlaufenden Balkonen. Mit seinem auf Stützpfeilern aufgeständerten Erdgeschoss, passagenartigen Durchgängen und Lichthöfen ist der Systembau ein Kind seiner Zeit.

Ob der Komplex der Hugenottenhalle jedoch im Vergleich zu anderen Bürgerhäusern oder Stadthallen der 1970er-Jahre als Kulturdenkmal zu bewerten ist, kann erst im Rahmen einer systematischen Überprüfung entschieden werden. Die Dringlichkeit der Überprüfung ergibt sich für uns aus dem Objekt, nicht aus den aktuellen Rahmenbedingungen. Im Sinne einer Priorisierung und einer seriösen Bewertung wurde daher entschieden, dass ein möglicher Denkmalwert des Gebäudes ad hoc weder bejaht noch verneint werden kann.

Wir teilen Ihre Einschätzung, dass in Zeiten schwindender Ressourcen mit dem erhaltenen Baubestand sensibel umgegangen werden sollte. Im Sinne eines Bewusstseins für Baukultur sollten überlieferte Qualitäten auch von Gebäuden oder Freiräumen der 1970er-Jahre erhalten und wertgeschätzt werden. Dies kann jedoch nicht allein durch den Denkmalschutz erreicht werden. Es bedarf auch eines Umdenkens bei den Städten und in der Bevölkerung.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Markus Harzenetter“