Nachfolgend zeigt die INITIATIVE Stadtmitte auf, wie ausgehend von den bislang gefassten Beschlüssen der Stadtverordntenversammlung von Neu-Isenburg sich die Situation im Hinblick auf eine Sanierung des Komplexes von Hugenottenhalle und Stadtbibliothek darstellt. Weiterhin geht die INITIATIVE Stadtmitte darauf ein, dass zu der diesbezüglichen Beschlusslage inzwischen ein engegengesetzter Beschluss gefasst wurde.
Der grundlegende Beschluss zur Sanierung von Hugenottenhalle und Stadtbibliothek
Bezogen auf die Gebäude Hugenottenhalle und Stadtbibliothek liegt ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung von Neu-Isenburg vor, wonach diese Gebäude saniert werden. Der Beschluss datiert vom 5. Februar 2020.
In die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 05.02.2020 brachten die Fraktionen CDU, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und der Vertreter der FWG einen Antrag unter dem Titel „Sanierung, Umbau und Erweiterung Hugenottenhalle/Stadtbibliothek zu einem Kultur- und Bildungszentrum“ ein (Drucksache 18/1640). Er wurde einstimmig angenommen.
Der betreffende Beschluss enthält mehrere Punkte
Schon der Titel zeigt, dass hierbei in einem Beschluss unterschiedliche Dinge abgehandelt werden. Der Beschluss umfasst mehrere Punkte:
Punkt 1 lautet: „Die Stadtverordnetenversammlung nimmt Kenntnis von a) der als Anlage 1 beigefügten Bestandsanalyse der Hugenottenhalle und Stadtbücherei b) dem als Anlage 2 beigefügten Nutzungskonzept einer erweiterten Hugenottenhalle und Stadtbibliothek mit einer Weiterentwicklung zu einem „Kultur- und Bildungszentrum“ c) dem als Anlage 3 beigefügten Ausführungs- und Realisierungskonzept d) dem als Anlage 4 beigefügten Organisationskonzept e) dem als Anlage 5 beigefügten Finanzierungskonzept“.
Punkt 2 lautet: „Die Stadtverordnetenversammlung beschließt den Gebäudekomplex Stadtbibliothek, Hugenottenhalle und Kulturbüro grundlegend zu sanieren und künftig als Kultur- und Bildungszentrum planerisch und konzeptionell weiter zu entwickeln.“
Zu Punkt 3 heißt es einleitend: „Der Magistrat wird beauftragt, vertiefende Untersuchungen zu den Konzepten 1a bis 1e durchzuführen und konkrete Beschlussvorschläge vorzulegen.“ Dem folgen zahlreiche Detailangaben, die sich ausschließlich auf die „konzeptionelle Weiterentwicklung des Projektes“ beziehen.
Zu Punkt 4. heißt es einleitend: „Für die Weiterentwicklung des Projekts wird eine Projektorganisation mit einem Lenkungsbeirat und einer Projektleitung geschaffen.“ Dem folgen einige Detailangaben.
Zwei Beschlüsse als Bestandteil von einem, die sachlich getrennt voneinander zu sehen sind
Die Analyse dieses Beschlusses ergibt folgendes Bild: Die Stadtverordnetenversammlung beschließt zum einen eine bauliche Maßnahme, nämlich die grundlegende Sanierung von Hugenottenhalle und Stadtbibliothek. Dieser Beschluss ist ein Teil von Punkt 2.
Zum anderen beschließt die Stadtverordnetenversammlung das Weiterführen von Plänen und Konzepten im Zusammenhang mit Hugenottenhalle und Stadtbibliothek. Hierauf beziehen sich die Punkte 1, 3 und 4 in Gänze sowie ein Großteil des Punktes 2.
Das mit dem Antrag vorgelegte Unterlagenpaket wurde mit Datum vom 05.02.2020 von der Stadtverordnetenversammlung formell zur Kenntnis genommen. Es stellt eine Zusammenstellung unterschiedlicher Materialien dar. Hierzu zählen einige kürzere Ausführungen, wohl seitens der Stadtverwaltung erstellt, jedoch ohne nähere Angaben hierzu. Zum anderen ist ein ausführliches Dokument beigefügt. Es handelt sich um eine „Konzeptstudie“, die von einem Außenstehenden, nämlich dem Büro „Langfeld & Wilisch Architekten PartG mbB“ erstellt wurde.
Allerdings wird aus den Unterlagen nicht ersichtlich, wer diese Konzeptstudie auf welcher Grundlage in Auftrag gegeben hat und wer deren Erstellung vergütet hat. Selbst ein Datum trägt diese Studie nicht. Derartige Fragen wurden von der Stadtverordnetenversammlung in dieser Sitzung anscheinend auch nicht weiter thematisiert. Erkennbar will die Stadtverordnetenversammlung jedoch ab diesem Zeitpunkt den bis dahin von wem auch immer dem Anschein nach schon recht weit vorangetriebenen Prozess mitgestalten, zumindest aber mitverfolgen.
Das Interesse der politischen Gremien geht einseitig in Richtung „konzeptionelle Erweiterung“
Nicht nur die Beschlüsse berühren nur nebenbei die Sanierung und konzentrieren sich ansonsten auf die „konzeptionelle Weiterentwicklung des Projektes“. Ganz ähnlich ist das zu diesem Zweck vom Magistrat vorgelegte Unterlagenpaket aufgebaut: Auf den ersten vier Seiten wird auf das Thema Sanierung eingegangen. Auf den dann folgenden 121 Seiten werden ausschließlich Fragen zur Erweiterung erörtert.
In der Vorlage der Stadt wird Sanierung als Randthema abgehandelt
Unter der Überschrift „Bestandsanalyse der Hugenottenhalle und Stadtbücherei“ werden in Unterlagensammlung, die Teil der Drucksache 18/1640 sind, Aspekte benannt, die dringend für eine Sanierung sprechen (Seiten 1 bis 2). Sodann wird auf eine Tabelle verwiesen, die direkt im Anschluss kommt. Einleitend hierzu heißt es: „Eine rein technische und energetische Sanierung des Gebäudekomplexes ohne jede Erweiterung wird heute mit voraussichtlich 18,5 Mio € beziffert. Die Berechnung der Sanierungskosten ist im Anhang 1.1 detailliert dargelegt.“ Diese in Tabellenform aufgebaute Berechnung umfasst zwei Seiten (Seite 3 bis 4). Überschrieben ist die Tabelle mit „Projekt: energetische Sanierung von Hugenottenhalle und Stadtbibliothek ohne Erweiterungen“.
Die Stadt gibt auf diesen ersten vier Seiten nicht an, wer diese Berechnung erstellt hat. Eine Beauftragung hierzu scheint es nicht gegeben haben. Gleichwohl kann mit großer Sicherheit angenommen werden, dass sie von „Langfeld & Wilisch Architekten PartG mbB“ stamme. Denn deren Konzeptstudie stellt einen Hauptteil der Unterlagensammlung dar (Seiten 15 bis 96). Darin wird zu den Sanierungskosten eine Zahl genannt, die identisch mit der auf den Seiten der Berechnung auf den zwei Seiten ist. Außer dem Nennen dieser einen Zahl sind in der gesamten der Stadtverordnetenversammlung vorgelegten Konzeptstudie keinerlei Erläuterungen zu einer etwaigen Sanierung zu finden.
Die extern erstellte Studie zielt klar auf eine „Erweiterung“ der Anlage
Die von „Langfeld & Wilisch Architekten PartG mbB“ erstellte Studie zielt auf eine Erweiterung der Anlage. Diese Intention kommt auch im Titel der Studie klar zum Ausdruck: „Konzeptstudie: Erweiterung Hugenottenhalle Neu-Isenburg“. Eine Sanierung wird in der Studie als Option der Vollständigkeit halber mit aufgeführt, aber allem Anschein nach alleine aus dem Grund, um sie verwerfen zu können. Ein ernsthaftes Motiv zu einer Sanierung liegt dieser Studie offenbar nicht zugrunde.
Der Architekturwettbewerb berührt den Beschluss zur Sanierung nicht
Die beiden Vorgänge, die in dem Antrag unter dem Titel „Sanierung, Umbau und Erweiterung Hugenottenhalle/Stadtbibliothek zu einem Kultur- und Bildungszentrum“ ein (Drucksache 18/1640) zusammengefasst sind, sind sachlich weiterhin getrennt voneinander zu betrachten.
Der zwischenzeitlich ausgeschriebene Architekturwettbewerb, der im Jahr 2024 durchgeführt wurde, berührt formal den bereits erfolgten Beschluss zur Sanierung nicht. Dies ergibt sich sowohl aus der Aufgabenbeschreibung zu diesem Wettbewerb als auch den Ergebnissen aus diesem Wettbewerb. Der Architekturwettbewerb basiert auf dem zweiten Teil des in Drucksache 18/1640 aufgeführten des Beschlusses, nämlich dem Weiterführen von Plänen und Konzepten im Zusammenhang mit Hugenottenhalle und Stadtbibliothek.
Bislang gibt es keine neue Beschlusslage zu einer etwaigen Sanierung
Bis heute gibt es keinen Beschluss der Stadt zu der Frage, welche Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind und auf welcher Grundlage die Sanierung bei diesem komplexen Gebäude mit seiner besonderen Konstruktion und Bauweise stattfinden soll. Ferner gibt es auch keinen Beschluss dazu, wie die weiteren Schritte für eine Sanierung aussehen sollen für den Fall, dass sich Politik und Verwaltung zu gegebener Zeit gegen das Ergebnis aus der „konzeptionelle Weiterentwicklung des Projektes“ wenden und sich dann doch für die Option Sanierung entscheiden.
Die Option „Erweiterung“ wurde zu Abriss und Neubau gewandelt; hierzu wurde inzwischen ein wichtiger Beschluss gefasst
Während der Beschluss zur baulichen Sanierung bislang nicht weiter konkretisiert wurde, wurden die Bemühungen, Pläne und Konzepte zu einer Erweiterung weiterzuführen, mit großem Aufwand fortgeführt. Dies mündete in den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 11.12.24 ein (Drucksache 19/1770), einen Neubau zu realisieren, und zwar auf Grundlage des „Siegerentwurfes“, wie er von der Jury zum Architekturwettbewerb auserkoren wurde.
Damit ist nicht nur die Option Sanierung von Hugenottenhalle und Stadtbibliothek verworfen worden, sondern auch alles, was man reellerweise als deren „Erweiterung“ oder „Umbau“ bezeichnen könnte. Der Beschluss vom 11.12.24 wurde mit der Mehrheit der Regierungskoalition, bestehend aus den Fraktionen CDU, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und FWG, gefasst.
Finanzierung und Realisierung können durch einen Dritten erfolgen
Punkt 1 in dem Beschluss lautet: „Die Stadtverordnetenversammlung bestätigt, dass die drei beschlossenen Großprojekte RTW einschließlich Straßenbau, Umbau Hugenottenhalle und Stadtbibliothek zu einem „Dritten Ort“ (im folgenden „Projekt Huha“ genannt) und der Umbau von Straßenraum und Marktplatz im Alten Ort (im Folgenden „Projekt Alter Ort“ genannt) zentrale Projekte unserer Stadtentwicklung sind. Sämtliche Projekte werden intensiv weiterverfolgt und die Planung bis zur Realisierungsfähigkeit vertieft. In Abhängigkeit von der Finanzierbarkeit erfolgt deren Realisierung.“
Punkt 2 in dem Beschluss behandelt vor dem Hintergrund haushaltsrechtlicher Fragen Aspekte der Priorisierung sowie der Vorgehensweise in Bezug auf die „bauliche Umsetzung“.
Damit wurde Ende 2024 von der Stadtverordnetenversammlung der Bau beschlossen, ohne dass zu diesem Zeitpunkt bekannt war, wie teuer dieser Neubau – für den zuvor der Abriss des Bestehenden notwendig ist – sein wird, noch woher das Geld hierfür kommen soll. Der Bau wurde in allgemeiner Weise beschlossen: Es wurde nicht erklärt, dass es sich um eine Baumaßnahme der Stadt handelt. Vielmehr handle es sich um ein zentrales „Projekt unserer Stadtentwicklung“, welches zudem selbstverständlich auch zu finanzieren sei.
Die Stadt wäre dann lediglich für den Abriss zuständig
Damit stehen alle Türen dafür offen, dass ein Dritter den Bau finanziert und realisiert. Dies könnte etwa im Rahmen eines langfristigen Pachtvertrages ermöglicht werden. Hierzu müsste die Stadt dann sicherlich die Gebäude auf dem Gelände (Hugenottenhalle und Stadtbibliothek) zuvor abreißen.
Fazit: Die Stadtverordnetenversammlung hat zwei Beschlüsse gefasst, die sich gegenseitig ausschliessen
Zum einen hat die Stadtverordnetenversammlung von Neu-Isenburg mit Datum vom 05.02.20 einen Beschluss gefasst (Drucksache 18/1640), der die Sanierung von Hugenottenhalle und Stadtbibliothek zum Inhalt hat.
Zum anderen hat die Stadtverordnetenversammlung von Neu-Isenburg mit Datum vom 11.12.24 einen Beschluss gefasst (Drucksache 19/1770), der zwingend den Abriss von Hugenottenhalle und Stadtbibliothek zum Inhalt hat, um an dieser Stelle dann den Neubau zu errichten.
Um die damit entstandene, höchst verworrene Rechtslage zu heilen, hätte es wohl auch eines ergänzenden Beschlusses bedurft, mit dem Beschluss vom 05.02.20 in dem Teil, in dem die Sanierung von Hugenottenhalle und Stadtbibliothek beschlossen wurde, zurückgenommen wird. Dies ist, soweit die INITIATIVE Stadtmitte dies zu erkennen vermag, jedoch nicht erfolgt.
Der Versuch der Rückdatierung des Beschlusses zum Bau ist zum Scheitern verurteilt
Die Vorlage des Magistrats zum Beschluss vom 11.12.24 enthält eine Passage, in der der Versuch unternommen wird, den Beschluss zum Bau zurückzudatieren. Damit soll wohl der Anschein erweckt werden, am 11.12.24 werde nicht über den Bau beschlossen, sondern lediglich über eine „Priorisierung“ bereits „beschlossener“ Projekte. Dieses Manöver ist durchsichtig und kann nicht gelingen. Es ist vielmehr zum Scheitern verurteilt, da es auf der Konstruktion einer Lüge basiert. Zumindest stellt sich der Sachverhalt aus Sicht der INITIATIVE Stadtmitte klar so dar.
Bezogen auf Hugenottenhalle und Stadtbibliothek wertet die INITIATIVE Stadtmitte die Situation vielmehr so, dass von der Stadtverordnetenversammlung als bauliche Maßnahme lediglich die Sanierung beschlossen wurde, und zwar am 05.02.20 (Drucksache 18/1640). Die Stadtverordnetenversammlung hat sodann am 29.09.21 (Drucksache 19/0277) einen in Quadratmetern angegebenen Maßstab für den Erweiterungsumfang beschlossen, und zwar bezogen auf die oben bereits erwähnte „Konzeptstudie“, die alternative Szenarien hierzu vorlegte. Eine bauliche Maßnahme, die über die Sanierung hinausgeht, wurde auch hier nicht beschlossen. Beschlossen wurden am 29.09.21 lediglich Prämissen für eine weitere Planung.